Bäume pflanzen für’s Klima: wie es sinnvoll ist

Bäume pflanzen für’s Klima: wie es sinnvoll ist
10. März 2021 Doris Schreyvogel

Der 21. März ist der „Internationale Tag des Waldes“

2,8 Milliarden Hektar sind weltweit mit Wald bedeckt. Doch der artenreichste Lebensraum der Erde ist in Gefahr. Die Abholzung großer Flächen Regenwalds in Südamerika und Afrika pusht den Klimawandel zusätzlich. Immer mehr Initiativen widmen sich weltweit der Aufforstung um dieser Bedrohung aktiv entgegenzuwirken. Es gibt aber auch Kritiker, die deren Sinnhaftigkeit hinterfragen.

Bäume pflanzen ist „in“

Fotos von Menschen mit saftig-grünen Baumsprösslingen, Spaten, Gießkanne und frischer Erde machen sich gut – in den Sozialen Medien ebenso wie in CSR-Berichten. Wer so ein Bild sieht, denkt: hier wird was für eine lebenswerte Zukunft getan. Doch wie sinnvoll ist Aufforstung? Laut einer Studie[1] der ETH Zürich könnten ganze zwei Drittel der vom Menschen verursachten CO2-Emissionen durch das Pflanzen neuer Bäume ausgeglichen werden. Als utopisch werden die Berechnungen von zahlreichen Kritikerinnen und Kritikern abgetan.

[1] Studie des ETH Zürich: https://ethz.ch/de/news-und-veranstaltungen/eth-news/news/2019/07/wie-baeume-das-klima-retten-koennten.html

Wir engagieren uns seit Jahren in der Aufforstung,

darum erscheint folgendes Statement vielleicht auf den ersten Blick seltsam: ja, die Ergebnisse der Schweizer Studie müssen differenziert betrachtet werden. Auf den ersten Blick erweckt sie den Eindruck, dass mit Aufforstung die aktuelle Klimakrise schon bewältigbar ist. Laut der Studie eignen sich weltweit 900 Millionen Hektar zur Bepflanzung, eine Fläche die in etwa jener der USA entspricht! Land, das zum großen Teil in Privatbesitz ist. Selbst wenn das mit einer gemeinsamen globalen Anstrengung realisiert wird: Die Wirkung tritt nicht unmittelbar ein – der Wald muss erst wachsen um den Kohlenstoff nach und nach aufzunehmen. Es braucht unbedingt eine Vielfalt an Maßnahmen. Eine davon, ist das Pflanzen von jungem Wald. Möglichst rasch, möglichst viel. Doch nicht jede Aufforstung und jeder Baum ist gleich gut als Klimaretter geeignet.

 

BÄUME PFLANZEN MACHT SINN, WENN….

...gleichzeitig bestehende Wälder geschützt werden.

Wälder mit altem Baumbestand sind Orte mit beträchtlicher Biodiversität und die größten Kohlenstoffspeicher. Das Pflanzen junger Bäume muss daher immer Hand in Hand mit dem Schutz bestehender Waldgebiete gehen. In unserem Aufforstungsprojekt in der Region Hoima in Uganda, schützen wir den alten Wald durch Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung und durch Aufforstung an dessen Ausläufern um sogenannte „Korridore“ zu schaffen. Diese Waldbrücken ermöglichen es den Tieren, die durch die Zunahme der Bevölkerung immer weiter zurückgedrängt werden, wieder zwischen den einzelnen Waldgebieten zu wechseln. Reduziert werden so auch Mensch-Tier-Konflikte.

...die richtigen Baumarten gepflanzt werden.

Je nach Klima und Region finden Bäume verschiedene Standortbedingungen. Durch den Klimawandel ändern sich diese derzeit so schnell, dass nicht alle Pflanzen sich entsprechend anpassen können. Baumarten, die bis vor kurzem als heimisch galten, wie hierzulande Buche und Fichte, leiden unter zunehmender Hitze und Wassermangel. Vermehrter Schädlingsbefall ist ein weiterer Stressfaktor für die Wälder weltweit.

Bei unserem Aufforstungsprojekt wählen wir sorgfältig und mit dem nötigen Weitblick, hinsichtlich zukünftiger Klimaszenarien jene Baumarten, die standortangepasst und langfristig überlebensfähig sind. Wichtig bei der Wahl des Aufforstungsgebiets und der Baumarten ist die Interessen der lokalen Bevölkerung zu berücksichtigen. Nur so können Menschen und Tiere vom Gedeihen des Jungwalds profitieren.

...die Mischung stimmt.

Noch immer werden vielerorts rasch wachsende Monokulturen gepflanzt, die zur Verwendung als Brennholz dienen. Keine gute oder nachhaltige Entscheidung. Monokulturen sind anfälliger für Schädlinge, bieten weniger Tieren und Pflanzen Schutz und Nahrung und speichern weniger CO2. Studien belegen weltweit, dass es auf die richtige Mischung ankommt. Auch wenn die Aufzucht und der Erhalt etwas aufwändiger ist – der Wald ist gesünder und widerstandsfähiger wo Mischkulturen wachsen.

...die Interessen der Menschen berücksichtigt werden.

Ohne die Akzeptanz der Menschen vor Ort ist jedes Aufforstungsprojekt zum Scheitern verurteilt. In Afrika, wo die Bevölkerung rasant wächst und die Menschen Platz zum Leben brauchen, müssen deren Interesse einbezogen werden. Bevor wir ein Aufforstungsprojekt starten, bedarf es der Bewusstseinsbildung für den Schutz der bestehenden und die Aufforstung neuer Wälder. In Workshops werden die vielschichtigen Faktoren, die ein gesunder Wald mit sich bringt, vermittelt: Regulierung des Grundwassers und sauberes Trinkwasser, gesunder Boden, Schutz vor Dürre und Austrocknung, mehr Lebensqualität, weniger Mensch-Tier-Konflikte, wirtschaftliche Vorteile durch nachhaltige Forst- und Landwirtschaft.

...es kein CO2-Freifahrtsschein ist.

Aufforstung macht dann Sinn, wenn parallel weitere Maßnahmen zur Eindämmung des CO2-Ausstoßes getroffen werden. „Der Anbau von Pflanzen und das Speichern des von ihnen aus der Atmosphäre aufgenommenen CO2 ist kein brauchbares Mittel zur Stabilisierung unseres Klimas, wenn fossile Brennstoffe einfach unvermindert weiter verfeuert werden“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)[1]. Politik, Wirtschaft und Privatpersonen können nachhaltig Verantwortung übernehmen, indem sie das Pflanzen von Bäumen als eine Maßnahme neben vielen weiteren umsetzen, aber nicht um das schlechte Gewissen zu beruhigen.

[1] PIK https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/klimastabilisierung-baeume-pflanzen-reicht-nicht

 

In unserem Aufforstungsprojekt in Hoima, Uganda, legen wir großes Augenmerk auf einen holistischen Ansatz, der all diese Punkte berücksichtigt.