Wilde Schimpansen sind vom Aussterben bedroht – Alarmierende Erkenntnisse aus 40 Jahren Freilandforschung

Wilde Schimpansen sind vom Aussterben bedroht – Alarmierende Erkenntnisse aus 40 Jahren Freilandforschung
15. Juli 2019 Doris Schreyvogel

Die nächsten lebenden Verwandten der Menschheit – Schimpansen – verschwinden von der Erde, weil ihre Lebensräume zerstört werden und sie Opfer von Wilderern werden. Im Mai 2019 trafen sich 40 Freilandforscher, um über die wildlebenden Schimpansen Populationen zu sprechen, die sie seit Jahrzehnten untersuchen.

Alle Schimpansen-Unterarten werden auf der Roten Liste der IUCN als gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft, was bedeutet, dass die Gefahr besteht dass sie in naher Zukunft für immer verschwinden könnten (Humle et al., 2016). Die Forscher, die sich im Frühsommer zu einer Konferenz am Max-Planck-Institut in Leipzig trafen, blicken auf bis zu 40 Jahre Forschung an wildlebenden Schimpansen zurück und arbeiten in acht afrikanischen Ländern. Ihre Schlussfolgerungen sind die Gleichen: Durch Brandrodung und die stark wachsende Bevölkerung wird wertvoller Regenwald zu Plantagen und Brachland umgewandelt. Die Schimpansen werden dadurch gezwungen in stark verinselten Waldghettos zu (über)leben.

 

Die wichtigsten Fakten für den starken Populationsrückgang der Schimpansen: Um der großen Nachfrage der Industrienationen nach Produkten aus dem tropischen Regionen Afrikas nachzukommen, werden Tausende von Hektar große Flächen des Regenwaldes brandgerodet und durch Palmöl-, Kautschuk- und andere Plantagen ersetzt. Durch den intensiven Rohstoffabbau von Erzen wie Aluminium, Gold, Kupfer und Coltan werden weitere Wälder vernichtet. Um an die verstreut wachsenden, wertvollen Tropenhölzer zu gelangen werden Schneisen in den Wald geschlagen um Straßen für den Abtransport anzulegen. Diese Straßen ermöglichen wiederum die Besiedelung, wodurch wieder Flächen brandgerodet werden um Getreide und andere Nahrungsmittel anzubauen. In weiterer Folge nimmt dadurch auch vermehrt die Wilderei auf Schimpansen zu. Prof. Crickette Sanz, die seit Jahrzehnten im Goualougo-Dreieck in der Republik Kongo forscht, erzählt: „Zu Beginn kamen die Schimpansen oft neugierig auf uns zu. Vermutlich waren wir die ersten Menschen, die sie jemals getroffen hatten und sie schienen uns zu vertrauen. Nun sind sie von Wilderern bedroht, und es ist klug, dass die Schimpansen ihr Verhalten nun geändert haben. Ihr Überleben hängt davon ab.“

Der Lebensraum wird immer kleiner. Die auf der Konferenz vorgestellten Studien zeigen, dass der Druck auf den Lebensraum von Schimpansen inzwischen so groß ist, dass selbst gesunde Schimpansenpopulationen von der zunehmenden Isolation und den damit verbundenen verringerten Möglichkeiten zur Ausbreitung und Einwanderung betroffen sind. Prof. Anne Pusey, Direktorin des Jane Goodall Forschungsinstituts, die seit über 40 Jahre im Gombe Nationalpark in Tansania tätig ist, bestätigt: „Seit ich in Gombe arbeite, ist der Park von Ackerland umgeben. Die Zusammenarbeit des Jane Goodall Instituts mit den örtlichen Gemeinden rund um den Park führte jedoch dazu, dass Waldkorridore entstanden sind, die die Schimpansengruppen innerhalb des Nationalparks mit bestehenden Gruppen außerhalb verbinden. Das ist ein wichtiger Erfolg um die genetische Vielfalt der Schimpansen in Gombe zu erhalten.“

Auswirkungen der Wilderei auf das Verhalten der Schimpansen. Schimpansen sind äußerst geschickt im Gebrauch von Werkzeugen. Mithilfe von Steinen die nach dem Hammer-Amboss-Prinzip verwendet werden, gelingt es ihnen, harte Nüsse zu knacken oder mit eigens dafür angefertigten Stockwerkzeugen erfolgreich nach Termiten zu angeln. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt jedoch dass die Vielfalt im Verhalten der Schimpansen durch die Folgen hoher menschlicher Bevölkerungsdichte zurückgeht (Kühl et al., 2019). So werden lautstarke Verhaltensweisen, wie das Nüsse knacken mit Steinen oder das Werfen von Steinen, vermutlich vermieden, um nicht von Wilderern entdeckt zu werden. So besteht die Gefahr, dass kulturelle Verhaltensweisen, wie zum Beispiel der Gebrauch von Werkzeugen, der von einer Generation zur Nächsten weitergegeben wird, nach und nach verloren gehen.

Dennoch gibt es Lichtblicke. Die Anwesenheit der Forscher und Feldassistenten führt bewiesenermaßen zu einer höheren Anzahl von Schimpansen und einer höheren Artenvielfalt im Vergleich zu Gebieten ohne Forschungspräsenz.

Mit Ihrer Spende können Sie helfen dringend benötigte Waldkorridore zu erschaffen!

Seit 2009 setzt sich Dr. Jane Goodall für den Schutz der wildlebenden Schimpansen in Senegal ein. Ziel ist es, den westafrikanischen Schimpansen Pan troglodytes verus, eine höchst gefährdete Unterart – mit kaum mehr als 500 Individuen – vor Brandrodungen zu schützen. Sonst werden diese Menschenaffen einfach ausgelöscht. Dafür brauchen wir Sie jetzt.

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Artikel von Dr. Isabelle Laumer, Biologin an der Universität Wien