An diesem Weltschimpansentag feiern wir die Schimpansen! Der 14. Juli ist der Tag, an dem Jane Goodall vor 63 Jahren zum ersten Mal den Wald im heutigen Gombe Stream National Park in Tansania betrat, um wilde Schimpansen zu studieren.
Sie hatte Geld für sechs Monate, nach denen bereits alles hätte vorbei sein können. Doch dank Jane Goodall’s Mut und Beharrlichkeit war es der Beginn einer jahrzehntelangen Reise, die sie und nach ihr zahlreiche weitere Forschende in die tropischen Wälder und Savannen Afrikas führte, um Langzeitstudien zu etablieren. Bis heute liefern sie spannende Erkenntnisse über diese faszinierenden Tiere. Zum Weltschimpansentag stellen wir Ihnen einige wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse der letzten Jahre vor. Die Nachricht ging wie ein Lauffeuer um die Welt: Schimpansen benutzen Werkzeuge, genau wie Menschen! So geschehen im Jahr 1960, als Jane Goodall erstmals über den Schimpansen David Greybeard berichtete. David hatte einen Zweig von einem Baum abgebrochen, ihn von seinen Blättern befreit und in den Eingang eines Termitenbaus gesteckt. Sofort hatten die Termitensoldaten zur Verteidigung ihres Baus das eingedrungene Objekt angegriffen und sich daran festgebissen. Es war ein Leichtes für David gewesen, den Stock, an dem die mutigen Termiten hingen, herauszuziehen und sie mit Genuss zu verspeisen. Obwohl wir heute wissen, dass viele Tiere Werkzeuge herstellen und benützen – dazu gehören einige Säugetier-, Vogel-, Weichtier- und Reptilienarten – wurde der Werkzeuggebrauch damals als definierendes Merkmal des Menschen angesehen, ein Verhalten also, das den Menschen unwiderruflich vom Rest des Tierreichs abhob. Damals ahnte die Menschheit noch nicht, dass dies nicht die einzige Entdeckung bleiben würde, die sie in Staunen versetzen würde! Weil Jane Goodall keine formale Ausbildung in Verhaltenswissenschaften besaß, verließ sie sich bei der Interpretation ihrer Beobachtungen einfach auf ihre Intuition. Sie sah, dass die Schimpansen von Gombe Persönlichkeiten, Gefühle und Absichten hatten. Dies wurde von der damals noch sehr männlich dominierten Wissenschaft strikt abgelehnt: es herrschte die Meinung vor, dass solche Dinge entweder gar nicht existierten oder wissenschaftlich unmöglich zu erforschen seien und daher außerhalb des akademischen Interesses lägen. Es dauerte Jahrzehnte, bis sich die wissenschaftlichen Beweise dafür häuften. Bis heute haben wir gelernt, dass Schimpansen tatsächlich Persönlichkeiten, Gefühle und Absichten haben – Jane Goodall hatte Recht! Und wir haben noch viel mehr dazugelernt: Dass Schimpansen ein emotionales Bedürfnis haben, sich nach Streitigkeiten zu versöhnen (1,2). Dass sie ihre Verbündeten taktisch auswählen (3), dass sie äußerst aggressiv sein können und Kriege führen (4,5). Wir haben gelernt, dass Schimpansen wissen, was andere wissen und beabsichtigen (6), und daher kooperativ jagen (7) und gemeinsam Probleme lösen können (8), dass sie sich trösten (1), täuschen (9) und einander Dinge beibringen (10, 11). Wir haben gelernt, dass sie für die nahe Zukunft planen (11). Wir haben gelernt, dass einige Schimpansen neue Dinge erfinden (12), während andere durch Zuschauen von ihnen lernen (13). Zum Beispiel das Knacken von hartschaligen Nüssen mit einem Stein- oder Holzhammer und einem Amboss. Dieses Verhalten muss vor langer Zeit von einem Schimpansen im Tai-Wald (Elfenbeinküste) erfunden und dann an andere Schimpansen weitergegeben worden sein. Heute knacken mindestens drei Tai-Gruppen Nüsse (14), während dieses Verhalten an anderen Orten völlig fehlt, obwohl Nüsse, Hammer und Ambosse vorhanden wären (15, 16). Die Gruppen im Tai-Wald unterscheiden sich in der Art und Weise, wie sie die Nüsse knacken (17). Zu Beginn der Saison, wenn die Nüsse noch weiche Schalen haben, verwenden zwei Gruppen Holzhämmer. Die Tiere wechseln im Laufe der Saison, wenn die Schalen härter werden, zu Steinhämmern. Die Schimpansen einer Gruppe verwenden jedoch das ganze Jahr über Steinhämmer – obwohl Steinhämmer in den Revieren aller drei Gruppen gleich selten sind. Und mehr noch: Die Weibchen, die in der Pubertät ihre Geburtsgruppe verlassen, um sich in einer anderen Gruppe fortzupflanzen, passen ihr Verhalten an ihre neue Gruppe an. Wenn sie in ihrer Geburtsgruppe beispielsweise nur Steinhämmer verwendeten, benutzen sie in der neuen Gruppe Holz- und Steinhämmer. Heute werden immer mehr Schimpansengruppen in freier Wildbahn erforscht. Wir sind dabei, einen ersten Eindruck ihrer reichen kulturellen Vielfalt zu bekommen. Das bringt uns zurück zum Termitenfischen: Als Jane Goodall vor 63 Jahren David Greybeard zum ersten Mal beim Termitenfischen in Gombe zuschaute, ahnte sie nicht, dass Termiten für viele – aber nicht alle – wilde Schimpansengruppen in Afrika eine wichtige Proteinquelle darstellen. Unterdessen haben wir jedoch gelernt, dass verschiedene Schimpansengruppen unterschiedliche Techniken zum Termitenfischen einsetzen (18). Einige dieser Unterschiede sind fest in der Ökologie verwurzelt, während andere kulturbedingt sind. So leben einige Termiten in überirdischen Bauten, während andere unter dem Boden leben. Während die Soldaten überirdischer Termitenvölker mit einem einzigen Stock zum Anbeißen gebracht werden können, braucht es anderswo für das Fischen unterirdisch lebender Termiten zwei Stöcke, die nacheinander eingesetzt werden müssen. Dieser Unterschied im Verhalten wird von einem ökologischen Umstand vorgegeben. Doch zum Fischen von unterirdischen Termiten verwenden Schimpansen verschiedene Techniken, die gruppenspezifisch sind. Zum Beispiel fischen die Goualougo-Schimpansen in der Republik Kongo im Sitzen. Die Wonga Wongue-Schimpansen, die in Gabon leben, hingegen liegen dabei bequem auf der Seite. Die Korup-Schimpansen in Kamerun wiederum liegen auf der Seite und stützen sich auf einen Ellbogen auf. Es ist schwer vorstellbar, dass solche Unterschiede in der Körperhaltung beim Termitenfischen, die sich in den Gruppen häufen, von ökologischen Unterschieden abhängen. Höchstwahrscheinlich sind sie Ausdruck dafür, dass ab und zu einer unserer engsten Verwandten im Tierreich ein neues, bequemeres oder effizienteres Verhalten erfindet, und andere ihm dieses abschauen. So entstehen spezifische kulturelle Verhaltensweisen, welche die Schimpansen innerhalb ihrer Gruppe von einer Generation zur nächsten weitergeben – so wie auch wir Menschen dies tun. Rund um den Weltschimpansentag machen wir auf die vielen Erkenntnisse über unsere nächsten Verwandten im Tierreich aufmerksam. Denn die freilebenden Schimpansen zählen zu den bedrohten Arten. Indem wir sie schützen, geben wir den wilden Schimpansen in den Wäldern und Savannen Afrikas die Möglichkeit ihre einzigartigen Kulturen auch in Zukunft weiterzuentwickeln und zu verfeinern. Bitte unterstützen Sie uns dabei! Referenzen: