Schimpansensöhne verbringen am liebsten Zeit mit ihren Vätern und Brüdern

Schimpansensöhne verbringen am liebsten Zeit mit ihren Vätern und Brüdern
10. Juni 2021 Nikola Reiner-Rautek

Liebe Väter,

herzlichen Glückwünsch zum Vatertag aus dem JGI Frauenteam!

Zu eurem Ehrentag möchten wir Danke sagen, dafür, dass ihr für eure Kinder da seid. Auch wenn es immer schon tolle Vorbilder unter den Vätern gab, haben wir doch das Gefühl, dass Väter heute einen deutlich höheren Stellenwert im Leben ihrer Kinder haben, als noch vor einigen Jahrzehnten. Zum Glück hat sich das gesellschaftliche Bild des Vaters gewandelt und so können Väter ihre Rolle in vielen Facetten ausleben. Also ein Hoch auf euch, liebe Väter! Danke, dass ihr so wunderbare Köche, Entertainer, Partners in Crime, Seelsorger, Lehrer, Privatchauffeure, Bastler und Handwerker für und mit euren Kindern seid – eben richtige Männer für alle Fälle!

Passend zum Vatertag haben wir eine spannende neue Erkenntnis aus der Welt der Schimpansen: anders als bisher geglaubt gehen Söhne, auch wenn sie keine Möglichkeit haben, sich gegenseitig als Verwandte zu identifizieren, laut einer neuen Studie über wilde Schimpansen in Uganda, enge Beziehungen zu ihren Vätern ein. Vor allem im Erwachsenenalter bilden männliche Schimpansen starke Beziehungen zueinander. Diese Bindungen können für beide Seiten von Vorteil sein – um Stress abzubauen, sich gegenseitig zu schützen und Nahrung zu teilen.

Im Kibale Nationalpark in Uganda wurde eine Studie durchgeführt, die feststellen sollte, wann und mit wem sich Bindungen zwischen männlichen Schimpansen entwickeln. Die Forscher:innen stellten fest, dass sich Schimpansen am häufigsten mit ihren mütterlichen Brüdern und alten Männern verbinden, einschließlich ihrer leiblichen Väter.

 

„Vaterschaft ist bei Schimpansen eine soziale Beziehung, die zufällig mit einer genetischen Beziehung zusammenhängt. Beim Menschen korreliert dies stark, weil Menschen dazu neigen, Paarbindungen einzugehen“, sagt Aaron Sandel, Assistenzprofessor für Anthropologie an der University of Texas in Austin.

 

Für die Studie im American Journal of Primatology untersuchten die Forscher:innen die sozialen Beziehungen von 18 Jugendlichen und jungen Erwachsenen (12-21 Jahre alten) männlichen Schimpansen in Ngogo im Kibale-Nationalpark über einen Zeitraum von einem Jahr. Die Forscher fanden heraus, dass männliche Schimpansen im Alter von 12 Jahren, ungefähr zu dem Zeitpunkt, an dem Schimpansen regelmäßig unabhängig von ihren Müttern zu reisen beginnen, enge Freundschaften mit anderen Männern in ihrer Community eingehen. Diese Beziehungen steigern sich in ihrer Intimität von der Zuordnung zur selben Untergruppe, in der sie sich bewegen, sich ausruhen und zusammen ernähren zu einer engmaschigen Gruppe, die in einem Abstand von etwa 15 Fuß zueinander bleibt, bis zur Fellpflege, bei der sie sich mit den Fingern gegenseitig durch die Haare kämmen.

 

„Für Menschen kann man sich Gemeinschaft, Nähe und Pflege so vorstellen, als ob man in einem Kaffeehaus ist“, sagt Sandel. „Im Kaffeehaus sind wir durch die Örtlichkeit mit allen Menschen dort verbunden. Mit jenen, die uns sozial näher sind, sitzen wir an einem Tisch. Und jene, mit denen wir ein Gespräch führen, sind aus Sicht der Schimpansen jene mit der Fellpflege.“

Durch Beobachtung und Stuhlproben fanden die Forscher:innen heraus, dass die jüngeren Männchen dazu neigen, eine Gruppe zu bilden und die meiste Zeit in der Nähe ihrer mütterlichen Brüder zu verbringen. Viele ihrer engsten Beziehungen bestanden jedoch zu alten, „pensionierten“ Männern, einschließlich ihres leiblichen Vaters.

 

„Es scheint, als hätten Schimpansen Vaterfiguren und einer davon ist ihr tatsächlicher Vater“, sagt Sandel. „Dies war überraschend, da sich Schimpansenweibchen beim Eisprung mit mehreren Männchen paaren und es keine väterliche Fürsorge bei der Aufzucht eines Schimpansenjungen gibt. Es gibt also keinen Grund zu der Annahme, dass sie oder die Männchen wissen, wer der Vater ihrer Nachkommen ist, und umgekehrt. “

 

Die Bindung an einen älteren Schimpansen hat Vorteile für die Jungen, sagen die Forscher:innen. Ältere Männchen sind in der Gemeinde gut vernetzt, konkurrieren jedoch nicht mehr um eine Position in der Hierarchie.

 

Die Wissenschafter:innen empfehlen, dass die zukünftige Forschung die Mechanismen untersuchen sollte, wie sich Vater-Sohn-Beziehungen entwickeln. Die Tatsache, dass es überhaupt eine Beziehung gibt, deutet darauf hin, dass solche Beziehungen ohne Bindung zwischen den Eltern und ohne dass der Vater sich als Kind um seine Nachkommen kümmert, gedeihen.

 

Mehr zur Studie unter diesen Links:

American Journal of Primatology: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/ajp.23091

University of Texas: https://news.utexas.edu/2020/01/15/glimpses-of-fatherhood-in-non-pair-bonding-chimps/